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Interview mit Schwester Helene (84) vom Ordo Communionis in Christo: „Man geht nicht ins Kloster, es zieht einen“ – Ratschläge einer in die Jahre und zu Weisheit gekommenen Ordensfrau in erster Linie für Interessenten und Kandidaten, aber auch für alle kontemplativ interessierten Menschen
Mechernich – „Ich wäre auch eine glückliche Ehefrau und Mutter geworden“, sagt Elisabeth Meurer (84). Den Sinn ihres Lebens und ihr Glück fand sie allerdings als Schwester Helene im Ordo Communionis in Christo. Bereits als sie das erste Mal mit der Gründerin Mutter Marie Therese in Mechernich zusammentraf, spürte die damals 38 Jahre junge Ordensschwester vom Niederrhein: „Das ist es!“
Vorher war sie bereits mit 21 – da wurde man zu der Zeit volljährig – bei den „Armen Dienstmägden Jesu Christi“ eingetreten. Diesen Frauenorden nannte man wegen Sitz des Mutterhauses im Westerwald landläufig „Dernbacher Schwestern“. Im Habit dieser Gemeinschaft nahm Schwester Helene am 1. September 1978 in Mechernich an der Gründung Mutter Marie Thereses einer Schwestern- und Priestergemeinschaft teil.
„Ich war fasziniert von der Geistlichkeit und Aura von Mutter Marie Therese, die man förmlich spüren konnte“, erinnert sich Schwester Helene im Interview. Eine Bekannte, ebenfalls Ordensschwester und Tante der Pfarrhaushälterin von Floisdorf, gab ihr Mutter Marie Thereses erstes von später insgesamt 26 Büchern zu lesen: „Der Weg nach Golgota“. Sie war begeistert von dieser Spiritualität. „Das kann man nicht mit dem Verstand vollziehen, das ist eine Sache des Herzens und der Seele…“
„Tausend Jahre wie ein Tag“
Schon als kleines Mädchen hatte sie nach „innerem Leben“ gesucht, einer Vergeistigung ihrer irdischen Existenz, die Suche nach Gott und dessen anderer Wahrheit, wie sie der „Mönch von Heisterbach“ bei Königswinter fand, als er bei einem Spaziergang durchs Siebengebirge über das Bibelwort nachsann, dass bei Gott ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag seien. Als er nach Stunden, wie er glaubte, wieder aus dem Wald zum Kloster zurückkehrte, lebte dort keiner mehr, den er gekannt hatte, so viele Jahre waren inzwischen tatsächlich vergangen…
„Wir hatten ein frommes Fräulein als Volksschullehrerin, die Geschichte vom Mönch von Heisterbach, die sie uns erzählte, hat mich derart angesprochen, dass ich mich fortan nach dem inneren Leben mit Gott gesehnt habe.“ Jedes Mal, wenn sie auf dem Weg zur Schule oder nach Hause an der Broicher Kirche vorbeikam, kniete sie vor dem bekannten Mariahilf-Gnadenbild.
Die Stopferin Elisabeth Meurer in einer der damals zahlreichen Mönchengladbacher Textilfabriken, wurde Schwesternhelferin beim Roten Kreuz. „Ich verbrachte jede freie Minute im Krankenhaus Rheindahlen, da waren die Armen Dienstmägde Jesu Christi.“ Das kam Bekannten merkwürdig vor, doch Helene Meurer, ihre Mutter und die von weiteren 13 Geschwistern, scherzte nur: „Das ist mir lieber, als sei Elisabeth so hinter den Jungens her.“
Als Elisabeth mit 21 bei den „Dernbacher Schwestern“ eingekleidet wurde, nahm sie den Ordensnamen Helene an, den Namen ihrer Mutter. Sie war ebenso stolz wie Vater Gerhard, ein Straßenbauarbeiter, und die 13 Geschwister. „Fünf leben noch, ich war Nummer 13, Josef Nummer 14.“ Hermann Meurer, der zwölfte, lebt heute in der gleichen Communio-Seniorenpflegeeinrichtung, „Haus Effata“, wie seine Schwester.
„Warte, bis Du 21 wirst“
„Der Wunsch, ins Kloster zu gehen, und ein kontemplatives Leben zu führen, existierte schon zu meiner Schulzeit“, berichtet Schwester Helene: „Aber ich habe auf Wunsch meiner Mutter mit dem Eintritt bis zur Vollendung meines 21. Lebensjahrs gewartet.“ Nicht, weil die Eltern ihr den Eintritt ins Kloster letztlich verwehrt hätten: „Jeder sollte erkennen, dass es meine Entscheidung war und ich aus freien Stücken Ordensschwester wurde.“
Die „Arme Dienstmagd“ aus dem neun Dörfer großen Pfarrbezirk bei Mönchengladbach wurde nicht nur Ordens-, sondern auch eine vollprofessionelle Krankenschwester und später Pflegedienstleiterin in Langzeitpflege und Hospiz der Communio in Christo in Mechernich. „Ich bin darin aufgegangen und habe trotz der vielen Arbeit auch mein Glück in der Pflege gefunden.“ Oft hätten die Schwestern nach den Gebetszeiten in der Kapelle getuschelt: „Kaum ist Helene in der Kirchenbank, ist sie auch schon vor Erschöpfung eingeschlafen…“
Ausschlaggebend für ihren nicht unproblematischen Wechsel von den „Armen Dienstmägden Jesu Christi“ zum heutigen Ordo Communionis in Christo waren ihre erste persönliche Begegnung mit Mutter Marie Therese und der Entdeckung ihrer Spiritualität der Gottesbegegnung und Nächstenliebe in dem Golgota-Buch und dem Werk „Die Frucht der Liebe“.
Schwester Helene: „Meine erste Begegnung mit Mutter Marie Therese geschah am 1. September 1978. Ich hatte noch keine Ahnung, was mich erwartete. Es war der Tag der Gründung einer Priester- und Schwesterngemeinschaft in der Pfarrkirche in Holzheim. Ich war in der Situation einer Suchenden nach einem kontemplativen Leben. Gespannt hörte ich zu, als Mutter Marie Therese den Gründungstext sprach.“
Nach dem Text zur Gründung der Priestergemeinschaft sprach sie folgenden Text: „Gleichzeitig erfülle ich den Auftrag zur Gründung einer Schwesterngemeinschaft als Unterstützung der Priestergemeinschaft durch ein betrachtendes Leben der Sühne für die Beleidigungen Dir angetan.“
Helene: „Diese Worte zur Gründung der Schwesterngemeinschaft trafen mich ins Herz wie ein Pfeil mit der Gewissheit: »Das ist es!« Ich war ja eine Suchende, und das traf mich wie ein unauslöschliches Merkmal. Ich hatte wirklich vorher nicht geahnt, was mich da am 1. September erwartete – und plötzlich traf ich Gott auf ganz besondere Weise.“
„Es war, wonach ich mein Leben lang gesucht hatte“, sagt die damals 38jährige Nonne, die als Stationsschwester in einem Frankfurter Krankenhaus wirkte. Mitschwestern und Obere machten ihr das Leben schwer, weil sie zur Communio wechseln wollte. „Man wollte mich mit Härte vom Austritt abhalten.“ Das Säkularisationsverfahren lief über Rom und war mit seelischen Qualen verbunden.
„Viel Arbeit und Glück bekommen“
„Ich hatte in Frankfurt immer Druck auf der Brust und ich wusste, wenn ich meine Entscheidung zurücknähme, wäre der Druck fort, aber ich würde nie wieder glücklich.“
„Mutter Marie Therese wollte mich haben“, und das gab Schwester Helene Kraft. Der Übertritt erfolgte im Oktober 1982, 21 Jahre nach ihrem Eintritt bei den „Dernbacher Schwestern“ 1961. Schwester Virginiana, eine andere „Arme Dienstmagd Jesu Christi“ folgte ihr ins Mechernicher Mutterhaus der Communio.
„Ich habe das niemals bereut, ich habe viel, viel Arbeit bekommen, aber auch mein Glück gefunden“, resümiert Schwester Helene heute: „Ich war bereits vom Ordensleben geprägt und in der Pflege bewährt, aber bei der Communio in Christo habe ich inniger mit Gott zu leben erfahren.“ Das Zusammenleben mit der Gründerin hatte urkirchliche Dimensionen, wie es die verstorbene Communio-Schwester Elisabeth, geborene Molinari, einmal ausgedrückt hatte: „Wenn wir mit Mutter Marie Therese zusammensaßen, dann war es wie vermutlich bei Jesus und seinen Jüngern…“
„Wir dachten, wir liebten, aber bei Mutter Marie Therese hatte diese Liebe zum Nächsten, in dem sie Gott begegnet, noch eine ganz andere Dimension“, so Schwester Helene. Sie bat den stellvertretenden Generalsuperior, Ständigen Diakon und Redakteur Manfred Lang um dieses Interview, weil sie aus ihrem geistlichen Leben berichten will und bestimmte Dinge für ein erfülltes Leben in der Communio denjenigen mit auf den Weg geben möchte, die sich für ein anderthalbjähriges Postulat und Noviziat vor der Ablegung ihrer Gelübde und den Eintritt in den Ordo Communionis in Christo interessieren.
„Ins Kloster oder in eine geistliche Gemeinschaft geht man nicht, man wird hineingezogen“: Geistliches Leben sei nicht etwas, für das man sich entscheide und es dann umsetzt, sondern „prozesshaftes Geschehen“. Wie eine Sehnsucht. Dieser Entwicklung müsse man sich mit Gottvertrauen überlassen, „mit dem Willen Gottes im Einklang stehen, auch wenn sich Leid und Krankheit einstellen sollten“.
„Ich legte meinen Egoismus ab“
Ihr Glück und ihre Erfüllung fand Schwester Helene nicht im „Mehr“, sondern im „Weniger“: „Ich lernte, alles hinter mir zu lassen und meinen Egoismus abzulegen“. Auch, wenn man das der in die Jahre gekommenen und mit demütiger Weisheit gesegneten Ordensfrau kaum glaubt, auch von Stolz und Hochmut habe sie sich verabschieden müssen. „Man muss zur Veränderung bereit sein und auf ganz persönliche Art das Gebet suchen.“ Natürlich übe sie mehrmals täglich die verpflichtenden Stundengebete, aber noch inniger seien die „persönlichen Stoßgebete“, die sie immer wieder und mehrmals am Tag zu Gott sendet.
Der Rosenkranz sei „ein meditatives Gebet, in dem die Gedanken zu Menschen und Situationen abschweifen, aber dann immer wieder zu den Worten zurückfinden, die ich da bete.“ Das sei anders als das, was man landläufig als „andächtig“ bezeichne. Schwester Helene nennt den Rosenkranz ihre „Richtschnur“ und man ahnt, dass dieses Gebet für sie der kontemplative Leitfaden ist.
Als Lektüre empfiehlt Schwester Helene den Interessenten und Kandidaten für einen Beitritt zum Ordo Communionis in Christo „Der Weg nach Golgota“, „Die Frucht der Liebe“ und das letzte Buch Mutter Marie Thereses „Ich bitte dich o heilige Kirche“, das der erste Generalsuperior Karl-Heinz Haus als geistliches Vermächtnis der Gründerin und Zusammenfassung des Gründungswillens bezeichnete, der letztlich nicht vom Willen einer Frau, sondern vom Heiligen Geist ausgegangen sei.
„Dann betet Gott in mir“
„Ich wäre auch als Ehefrau und Mutter glücklich geworden, dessen bin ich mir sicher. Wie fand ich also heraus, ob das Kloster meine Erfüllung sein sollte?“, fragte Schwester Helene am Ende unserer intensiven Unterhaltung, um mir und vor sich selbst und Gott die Antwort zu geben: „Durch Beten und Zeit nehmen. Wenn ich Rat suche und bete, dann betet mit einem Mal Gott in mir.“
Dass ihre Bestimmung nicht in Frankfurt oder Dernbach, sondern in Mechernich lag, sei ihr durch das außerordentliche Charisma Mutter Marie Thereses bewusst geworden: „Ich wollte wieder leben – und ich habe in der Communio und in der Gemeinschaft um Mutter Marie Therese und die drei Gründungspriester Pfarrer Haus, Pfarrer Robben und Pfarrer Walch das Leben gefunden.“ Die Gemeinschaft in diesem „Team“, wie Helene es ausdrücklich nennt, „hat uns getragen… es trägt mich immer noch!“
pp/Agentur ProfiPress