Kommt Gott? Was für eine Frage, werden Sie jetzt vielleicht denken und antworten: „Natürlich kommt er! Schließlich ist der Advent die Vorbereitungszeit auf sein Kommen an Weihnachten. Wir feiern doch seine Geburt, seine Menschwerdung.“ Wie kann ich das in Frage stellen? Gott kommt!
Kommt Gott? Ich bleibe bei der Frage. Damals, ja damals vor über 2000 Jahren, damals ist er gekommen – in Betlehem geboren, als Kind in der Krippe. Viele haben damals das Kommen Gottes erwartet, wenige haben an das Kind Jesus geglaubt. Propheten haben das Kommen über die Jahrhunderte angekündigt, doch nur Einige haben die Zeichen so gedeutet, dass die Verheißung in Jesus erfüllt ist. Ja, ich glaube, damals ist Gott gekommen.
Warum dann die Frage: Kommt Gott?
Kommt Gott – heute? Das ist die Frage. Kommt er heute in unsere Welt – als der, der alles vollendet, oder als der, der mit uns lebt und uns durch das Leben begleitet? Ich hoffe, dass noch nicht die Vollendung ansteht – das Ende der Welt – so sehr ich mich auch auf das Ende des Wartens und die Erlösung, das Ende aller Gewalt und Ungerechtigkeit freue. Ich hoffe vielmehr, dass mit dem Kind in der Krippe Gott in mein Leben kommt, mich in seine Liebe einbezieht, in die Idylle der Krippe hineinnimmt und dann in den Alltag begleitet und ihn – und auch mich – durch seine Liebe verändert. Angesichts der vielen Lieblosigkeiten unserer Zeit wäre es dringend nötig. Kommt Gott – heute? Hoffentlich!
Kommt Gott – heute? Wenn ich ehrlich bin, dann muss ich sagen, „Nein, Gott kommt nicht!“
Gott kommt nicht – so traurig das klingt, aber es ist die Wahrheit. Gott kann nicht kommen – außer zur Vollendung! Gott kann nicht kommen, weil er schon längst da ist! Ich sehe nur viel zu selten, dass er bereits Mensch geworden ist. Denn überall da, wo Menschen liebevoll mit anderen umgehen, ihnen ihre Liebe schenken oder sich aus Liebe für andere einsetzen, engagieren und sie beschenken, da ist Gott in ihnen Mensch, da begegnet mir Gott als Mensch im Menschen.
Im zu Ende gehenden Jahr 2023 durfte ich so manches Mal erleben, dass Gottes Liebe mir durch andere Menschen geschenkt wurde, dass Gott für mich Mensch geworden ist. Und ich bin mir sicher, dass ich viel öfter die kleinen und großen Zeichen seiner Liebe übersehen habe, dass ich nicht bemerkt habe, dass Gott da ist, in der Welt, in meinem Leben, bei mir! Ich bin mir sicher, Gott kommt nicht. Er ist schon längst da!
Kommt Gott müsste dann heißen: Kommt Gott bei uns an? Ich hoffe, dass der Advent und Weihnachten, die Erinnerung an seine Geburt, uns die Augen öffnen für seine verborgene Gegenwart mitten unter uns. Wenn wir seine Liebe entdecken, die uns durch andere Menschen geschenkt wird, dann ist Gott gekommen – angekommen – heute – in meinem, in unserem Leben! Diese Ankunft Gottes wünsche ich Ihnen allen, die Menschwerdung Gottes im Menschen, in uns, in jedem einzelnen – schon jetzt – heute!
Ihr Erik Pühringer, Pfr.