Leitwort September 2023

Die Begegnung mit dem Papst beim Weltjugendtag in Lissabon und die Texte vom 13.August, dem 19. Sonntag im Lesejahr A, bewegen mich, diesen Leitartikel zu schreiben. 

„Habt keine Angst!“, so sagte es der Papst den Jugendlichen in Lissabon und legte ihnen diese Worte ins Herz. „Habt keine Angst!“ angesichts der großen Probleme und Herausforderungen unserer Zeit, die uns zu erdrücken drohen und lähmen. Weder die sozialen Ungerechtigkeiten, die Armut und das Leid der Menschen in vielen Staaten der Erde und die Gleichgültigkeit der Reichen, noch der drohende Klimawandel, der kaum zu stoppen scheint und schon jetzt sichtbare Spuren durch Dürren und Überschwemmungen zeigt, noch kriegerische Auseinandersetzungen in der Ukraine, in Syrien und vielen anderen Ländern unserer Welt sollen uns in Furcht und Angst versetzen. Im Gegenteil! Sie sollen uns wachrütteln, in Bewegung setzen und antreiben, zu handeln und tätig zu werden, um eine Veränderung zum Positiven zu erwirken. „Habt keine Angst!“ heißt dann auch, traut euch aktiv zu werden, alte traditionelle Wege zu verlassen, Neues zu wagen und auszuprobieren. „Habt keine Angst!“ - Ihr könnt es. Ihr dürft es. „Habt keine Angst!“

Im Evangelium klingt es ein klein wenig anders. Dort sagt Jesus zu den Jüngern „Fürchtet euch nicht!“. Ein Wort, dass immer wieder in der Bibel begegnet, wenn etwas völlig Neues, Unerwartetes geschieht. „Fürchtet euch nicht!“ gilt dabei zunächst angesichts des über das Wasser gehenden Jesus. „Fürchtet euch nicht!“ gilt aber auch angesichts der Wellen und des Windes, die für die Jünger im Boot zur Bedrohung werden. Und „Fürchte dich nicht!“ gilt Petrus, der die gewohnte und vertraute Umgebung verlassen und Neues wagen will, auf dem Wasser gehen möchte. Und so lange er Jesus im Blick hat, gelingt es. Erst als Petrus wieder die Wellen und den Wind sieht, bekommt er es mit der Angst zu tun und droht unterzugehen. Jesus rettet ihn und fragt: „Warum hast du gezweifelt?“

„Habt keine Angst!“ oder „Fürchtet euch nicht!“ gilt auch uns allen. Die Situation der Kirche, die stark zum einen durch den Missbrauchsskandal und zum anderen durch eine rapide abnehmende Zahl der Gottesdienstbesucher geprägt ist, deren Altersdurchschnitt meist über 65 Jahren liegt, ist alles andere als beruhigend. Wir sind vor große Herausforderungen gestellt, wenn Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden eine Zukunft haben soll. Das Alte und Vertraute scheint nicht mehr begeistern und anstecken zu können. Es trägt nicht mehr. Eine Lösung von den Bischöfen ist kaum zu erwarten. Wir sind auf uns gestellt. Doch was können, was sollen wir tun, damit es anders, Kirche wieder lebendig wird? In diese Situation hinein gilt das „Habt keine Angst!“. Es will auch uns ermutigen, alte traditionelle Wege zu verlassen, aktiv zu werden, Neues zu wagen und auszuprobieren. Gerne unterstützen und begleiten Mitglieder des Pastoralteams Sie, wenn Sie eine Idee haben und verwirklichen wollen. Sprechen Sie uns an. Sagen Sie uns gerade heraus Ihre Meinung. „Habt keine Angst!“ - Vielleicht bewegt sich ja doch was. Und wenn dann das, was wir ausprobieren, mal nicht zu gelingen scheint, wenn wir zu scheitern drohen, dann dürfen wir an Petrus denken und darauf vertrauen, dass Jesus uns nicht untergehen lässt. Es muss nicht alles sofort gelingen und perfekt sein. Wir brauchen uns nicht vor Fehlern zu fürchten. Denn nur wenn wir Neues wagen, können wir erfahren, dass das Wasser tragen kann. „Habt keine Angst!“, dass sagt Papst den Jugendlichen, der „Zukunft der Kirche“ und damit letztlich uns allen heute zu. Trauen wir uns, wagen wir einen Aufbruch zu neuen Ufern. Mit dem Vertrauen auf Gott brauchen wir uns nicht zu fürchten oder Angst zu haben.

Ihr Erik Pühringer, Pfr.