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Impulsabend samt Bibliolog der evangelischen Diakonin Jutta Lindenfels rund um die aktuelle Fastenzeit begeisterte das Auditorium im Mutterhaus des Mechernicher Ordo Communionis in Christo – Appell, mehr auf andere Menschen zu achten
Mechernich – Für viele Menschen bedeutet die Fastenzeit vor allem eines: Verzicht. Sei es für Gott, andere Menschen oder sich selbst. Doch ist das wirklich schon alles? Steckt da nicht mehr dahinter, als bloßer Verzicht? Diakonin Jutta Lindenfels von der Evangelischen Kirchengemeinde Roggendorf nahm sich kurz nach Aschermittwoch dieser Thematik an und gestaltete so ihren zweiten Impulsabend im Mutterhaus der Mechernicher Ordo Communionis in Christo zum Thema „Das ist ein Fasten, wie ich es liebe…“ (Jes 58,6)
Hierzu griff sie nach einer gemeinsamen Messe in der Hauskapelle, neben einem einleitenden Vortrag zum Begriff und der Historie des Fastens, auch auf ein bereits bewährtes Element zurück: einen Bibliolog. Diese interaktive Bibelstunde im Rekreationsraum des Mutterhauses, in der die Anwesenden selbst in Figuren aus der Heiligen Schrift schlüpfen und so Bibelstellen nochmals ganz anders erleben können, hatte sich schon beim ersten Impulsabend Lindenfels´ im Advent mehr als bewährt und das Auditorium begeistert – wie auch dieses Mal wieder. Kein Wunder also, dass sich die Anwesenden nach dem abschließenden Segensgebet auch noch weiterhin rege austauschten.
Die Welt verzichtet
Schon seit Jahrtausenden fasten die Menschen. Und das nicht nur im Christentum. Auch im Judentum, Buddhismus oder Islam gibt es diese Glaubenspraktik. Verbreitet ist sie dabei auf verschiedene Arten: so zum Beispiel als Voll-, Halb- oder Abstinenzfasten – und das bis heute. Im Grunde ist sie ein Glaubensbeweis, allerdings nicht unumstritten zwischen den Konfessionen. Zwingli als Schweizer Reformator war gegen das Fasten, Luther hingegen hat auch gefastet, aber gesagt, dass man Gottes Gerechtigkeit nicht aus Taten und dem Fasten erlangt, sondern allein aus Gnade. Unumstritten ist jedoch, dass diese Praktik weltweit bis heute eine große Rolle spielt. Auch wenn sie laut Lindenfels noch viel mehr bedeute, als den meisten Menschen klar sei.
Für die Diakonin hat das Fasten auf jeden Fall einen hohen Stellenwert: „Als Kind habe ich mich als Protestantin auf einer katholischen Klosterschule manchmal ausgeschlossen gefühlt, wenn die Kommunion verteilt wurde. Wenn es dann aber das Aschekreuz an Aschermittwoch gab, fand ich das immer total toll, denn ich durfte mit dabei sein!“
Bevor schließlich der Bibliolog begann, ging Jutta Lindenfels auf Zahlen in der Bibel ein, denn die Fastenzeit dauert 40 Tage (ohne Wochenenden). „Die Zahl 40 taucht in der Bibel immer wieder als Zeichen der Ganzheit und Vollständigkeit auf“, so Lindenfels.
„Auch Jesus darf wütend sein“
Als Bibelstelle für den interaktiven Teil hatte Lindenfels Johannes 2, 13-21 ausgesucht: die „Tempelreinigung“. Hier vertrieb Jesus höchstpersönlich gierige Händler aus dem Jerusalemer Tempel. Sein zu dem Zeitpunkt erhitztes Gemüt wurde von den Teilnehmern der „Heilige Zorn“ genannt. Die Teilnehmenden betonten auch: „Hier zeigt sich, dass Jesus nicht nur ein Teil von Gott, sondern eben auch Mensch war. Auch er darf einmal wütend sein, und das ja auch nicht ohne Grund. Denn die Händler versperrten durch ihre Raffgierigkeit den Blick auf Gott.“
Dies zeige für Lindenfels auch gut den Geist der Fastenzeit auf: „Sich auf das Eigentliche besinnen“. Dazu gehöre manchmal sogar „die Umkehr einer ganzen Gesellschaft hin zum Guten, Missstände zu beheben“. Und vor allem: auf die Menschen um sich herum zu achten, auf Gott – und nicht nur sich selbst.
Während Diakonin Lindenfels die Passage vorlas, versetzten sich die Zuhörer in die Lage der im Tempel Anwesenden. So konnte jeder seine eigenen Gedanken einbringen und neue Erkenntnisse zu der altbekannten Passage sammeln. Hier wurden Jesus selbst, der Geldwechsler, Petrus und sogar das mit dem Geld gefüllte Tongefäß der Händler, das im Zuge des harten Durchgreifens Jesu am Boden zerschellte, gefragt. Letzteres war offenbar erfreut, von der Last erlöst zu sein.
„Innere Haltung und Nächstenliebe“
„Ich habe ein sehr gutes Gefühl nach diesem Abend, denn jeder brachte sich begeistert mit ein“, freute sich Lindenfels im Anschluss. Und auch Schwester Lidwina von der Communio war vollends begeistert: „Die Art und Weise, wie sich Diakonin Lindenfels diesem Thema angenommen hat, war ganz großartig. Besonders gefreut hat mich, dass sie auch drei Zitate aus einer Leidensbetrachtung unserer Gründerin Mutter Marie Therese aus dem Jahre 1993 miteinfließen lassen hat. In einer Weise, wie ich es vorher noch nicht erlebt habe.“
Schnell sei für sie klar geworden: beim Fasten geht es um mehr als Verzicht. „Innere Haltung und Nächstenliebe“ seien dabei essenziell. So erinnerte sie sich in diesem Zusammenhang an ein passendes Zitat der Mutter, die ihr Leben lang durch Krankheiten den Verzicht lebte: „Fang morgens mal mit Nächstenliebe an.“
So betonte Schwester Lidwina: „Mit diesem anderen Blick wird die altbekannte Schrift noch intensiver und gewinnt an noch mehr Tiefe! Sie ruft etwas in einem hervor, was man bis dato gar nicht vermutet hätte.“
Auch wenn noch mehr Zuhörer den Ordo gefreut hätten, schadete dies dem regen Austausch keineswegs. Und so ist sich Schwester Lidwina schon jetzt sicher: „Natürlich laden wir Diakonin Lindenfels sehr gerne zu einem weiteren Impulsabend bei uns ein!“
pp/Agentur ProfiPress