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Impulsabend mit Diakon, Humorist und Buchautor Willibert Pauels (68) beim Ordo Communionis in Christo sollte trotz aller Wirren und Bitterkeiten des Lebens die Zuversicht des Glaubens und des Humors verbreiten
Mechernich – Nicht umsonst ist Willibert Pauels („Der bergische Jong“), Jahrgang 1954, einer der beliebtesten Büttenredner im Kölner Karneval. Der Diakon und „Clown des lieben Gottes“ kann toll Geschichten erzählen und Pointen „bringen“, die Sache auf den Punkt zuspitzen. Das tat er auch beim jüngsten der monatlich stattfindenden Impulsabende des Ordo Communionis in Christo in Mechernich.
Im Wesentlichen entnahm er den Stoff seinen vier bislang erschienenen Büchern „Guter Draht nach oben - Impulse von der Bodenstation“, „Unseren täglichen Trost gib uns heute - Hoffnungsgeschichten vom frommen Jeck“, „Lachen, Leiden, Lust am Leben: Die befreiende Kraft der Religion“ und „Wenn dir das Lachen vergeht: Wie ich meine Depression überwunden habe“.
Willibert Pauels verschließt in seinen Geschichten die Augen nicht vor der Realität des Lebens. Religion dient ihm dabei als eine Art Gebrauchsanweisung, mit den Rück- und Nackenschlägen des Lebens parat zu kommen – und er legt überzeugend Zeugnis dafür ab, dass er und die Protagonisten seiner Geschichten als Katholiken die besseren Lebenstickets gelöst haben als die „atheistischen Freunde“, die er in seinem Vortrag gleichwohl auch zu Wort kommen lässt, allerdings meist als diejenigen, die angesichts seiner Schlagfertigkeit dumm aus der Wäsche gucken.
„Locker, aber nicht bekloppt…“
Dabei streift der in Wipperfürth geborene „Bergische Jong“ mit verzweigten Eifeler Wurzeln im zum deutsch- und plattsprachigen Ostbelgien gehörenden Amelner Land existenzielle Fragen nach Gott und dem Sinn des Lebens und die alles berührende Theodizee-Frage, warum lässt Gott das Leid zu. Seine persönliche These lautet jedenfalls: „Es ist nicht bekloppt, an Gott zu glauben!“
Den Antworten auf die entscheidenden Fragen nähert sich Pauels eher locker vom Hocker, humorvoll und gelassen, manchmal ergeht er sich in unverbindlichen Andeutungen, laissez-faire-haft, so wie man ein Kölsch trinkt. „Es geht ihm weniger um Studien, Statistiken und stringente Argumentationen“, schreibt sein Herder-Verlag, „sondern vielmehr um das, was ihn schon bewegt, seit er Kind ist: die Erfahrung der Sehnsucht nach Gott, die Erfahrung der Nähe Gottes und auch der Gottferne.“
Das wiederum tut er faszinierend, in dem er seine drei Dutzend Mechernicher Zuhörer mit zu seinen verstorbenen Verwandten in der Eifel und im Bergischen nahm, zu Kriegserlebnissen seines Vaters Josef und seines Großvaters Wilhelm.
Letzterer schrieb einen Brief an seine geliebte Frau Anna, geborene Einholz, die mit „Jösefjen in anderen Umständen“ war: „Morgen müssen wir stürmen!“ Seine letzte Botschaft kam per Feldpost zur gleichen Zeit mit einem Brief aus Berlin in Remscheid an. „Als ich den Umschlag sah, wusste ich was drinnen stand“, erzählte die Oma später Willibert Pauels: „…teilen wir Ihnen mit, dass Ihr Mann die Ehre hatte, den Heldentod fürs Vaterland zu sterben.“
Ganz anders das Kriegserlebnis seines Vaters Josef 1939 beim Überfall auf Polen. Der Kommandant seines auf dem Vormarsch liegengebliebenen Panzers schickte den Gefreiten Josef Pauels zu einem nahe gelegenen Bauerngehöft, um Nahrung zu requirieren. Drinnen fand der Lanzer in schwarzer Panzertruppenuniform vor Angst zitternde Menschen in einem Hinterzimmer.
„Er ist einer von uns, ein Katholik“
Wie sollte er sich ihnen verständlich machen, dass sie von ihm nichts zu befürchten hätten? Er konnte kein Polnisch, die Bauern nicht Deutsch, außerdem empfanden sie gerade Todesangst, weil sie den schwarz Uniformierten für einen SS-Mann hielten. „Mein Vater zog also ganz langsam seinen Rosenkranz aus der Tasche und hielt ihn hoch: Die Bauern verstanden das Zeichen sofort: Ihre Gesichter entspannten sich. Hier und da huschte ein Lächeln übers Gesicht. Er ist einer von uns, werden sie gedacht haben, ein Katholik. Er wird uns nichts antun. Ein etwa 16-jähriges Mädchen lief zu meinem Vater und umarmte ihn.“
Willibert Pauels erzählte auch vom tödlichen Motorradunfall der jungen Antonia, einer Verwandten in Belgien, die zwei kleine Jungen, Peter und Leo, hinterließ. „Einer der Jungs fragte die Oma, meine Cousine Maria, am Abend des zweiten Tages, als keine Tränen mehr übrig waren, beim Blick in den Abendhimmel, ob die verstorbene Mama den hellsten Stern, den »Abendstern« wohl aufgehängt habe?“
Abend- und Morgenstern seien in Wahrheit ein und der gleiche Planet, die Venus, so der Glaubenszeuge Diakon Pauels in der Hauskapelle des Ordo Communionis in Christo, aber die Frage des Jungen und die bejahende Antwort der Oma seien kein astronomisches Testat, sondern eine Glaubensaussage gewesen: „Die Jungen dürfen im Licht der Osterbotschaft tatsächlich davon ausgehen, dass es ihre Mutter ist, die den Stern für sie aufgehängt hat, und dass sie über ihn mit ihr in Verbindung bleiben, bis sie sich wiedersehen.“
Der im Erzbistum Köln praktizierende Ständige Diakon hatte es beim Mechernicher Impulsabend weitestgehend mit Gleichgesinnten zu tun, als er auf die Liturgie der Heiligen Woche zu sprechen kam. Der todtraurige Karfreitag mit leergeräumtem Altar und Tabernakel, das Verstummen der Orgel und aller Glocken und Glöckchen in der Kirche sei ein Zugeständnis an die Depression und Gottverlassenheit, von deren Realität viele Seelen nicht verschont blieben.
„Mehr als ein Zellhaufen und Chemie“
Dagegen setzte der Diakon, der im „Exsultet“, dem elf Minuten währenden Lobgesang auf die Osterkerze und damit auf den Auferstandenen, die Auferweckung des Gekreuzigten verkünden darf, die prachtvolle und überwindungsgewisse Liturgie der Osternacht. Willibert Pauels: „Das sicherste Zeichen, dass es Wasser gibt, ist der Durst. So wie sich unser Verlangen auf die Quelle richtet, richtet sich der unstillbare Durst im übertragenen Sinne, dass der Mensch mehr ist als ein zufällig entstandener Zellhaufen und die Liebe mehr als eine Kette biochemischer Reaktionen, auf Gott.“
Freiheit und Religion gehören für Willibert Pauels zusammen, er verkörpert den betenden Zweifler, bei dem sich Humor zu einer Erscheinungsform der Religion ausgewachsen hat, die als „rheinischer Katholizismus“ Geschichte machte. Der „Bergische Jong“ kam auch deshalb als glaubhafter Zeuge in Mechernich so gut an, weil er selbst einmal in tiefer Depression das Lachen verlernt hatte. Und es sich nur dank professioneller Hilfe wieder aneignen konnte.
Der „joode Jong“ aus dem Bergischen Land ist ein guter Erzähler und glaubwürdiger Mensch. Beim Ordo Communionis in Christo in Mechernich konnte er seine Zuhörer mitnehmen mit seinen „Geschichten des Trostes und der Hoffnung“ - und tatsächlich Trost hinterlassen, dass das Leben zwar ist, wie es ist, furchtbar und großartig zugleich. „Aber doch“, so Pauels: „Es gibt die erlösende Botschaft, dass wir uns getrost in die bergenden Hände Gottes geben dürfen. Dies ist das innerste Wesen unseres Glaubens.“
pp/Agentur ProfiPress