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Ökumenische Stoffsammlung zur Sinnfindung in einer Welt voll Aufruhr, Entfremdung und Glaubensverlust mit Hans Bösch, evangelisch, und Manfred Lang, katholisch, im Mechernicher Johanneshaus – Auch die Zuhörer teilten Glaubens- und Krisenerfahrungen miteinande
Mechernich – Doppelmoral und Unglaubwürdigkeit liegen der Sinn- und Identifikationskrise zugrunde. Darin waren sich die Referenten Hans Bösch, evangelisch, und Manfred Lang, katholisch, beim ökumenischen Zwiegespräch zur Relevanz des christlichen Glaubens im Johanneshaus einig.
„Früher wollte die Leute in den Himmel kommen, heute ins Fernsehen“, so die von Letzterem zitierte provokative Einschätzung eines Gesellschaftskritikers. Einen Königsweg aus der sinnentleerten Misere konnten aber auch die Referenten ihren 25 Zuhörern nicht bahnen, die einander gleichwohl auf eindrucksvolle Weise von eigenen Glaubens- und Krisenerfahrungen berichteten.
„Es war ein ungewöhnlich offener und sehr freier Austausch“, sagte Diakon „Manni“ Lang, der die Veranstaltung in Vertretung des erkrankten Pfarrers Erik Pühringer eröffnete und die Diskussion moderierte. Den Eingangsimpuls setzte der frühere Kreissparkassen-Vorstandsvorsitzende und in seiner Euskirchener Kirchengemeinde seit Jahrzehnten engagierte Hans Bösch.
„Dumm-Schwätzerei hält an“
Und zwar, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: „Die Dumm-Schwätzerei hält an.“ Auch unter Theologen – und man dürfe sich fragen, ob „Gott bald »quer« daherkomme. Hans Bösch nannte das Problem beim Namen: „Wir sind einem großen Glaubensschwund ausgesetzt. Tragende Glaubensgrößen sind uns weggebrochen. Und den Jüngeren unbekannt, irrelevant: Was steht im Glaubensbekenntnis, was sind zehn Gebote, was ist an der Bibel anders als an anderen dicken Büchern?“
Dem theologischen Bildungsdefizit, wie Hans Bösch es nannte, ging die „Umständlichkeit und Unverständlichkeit der beauftragten Glaubensvermittler voraus“, so Manfred Lang: „Wovon reden die eigentlich? Wovon sind die eigentlich überzeugt? Was ich selbst nicht lebe, kann ich auch nicht weitergeben…“
Nicht allein die hierarchisch verfassten Amtskirchen seien verantwortlich, die Hauptquelle der Glaubensweitergabe sei schon für den heiligen Paulus und seit den frühen Tagen der Kirche die „Hauskirche“, wie er sie nannte, also die Familie gewesen. Diakon Lang: „Am Ende sind nicht nur die Kirchenoberen schuld… die Skandale, der Missbrauch, die Lüge, der Verrat an jungen Menschen… am Ende sind wir selbst mit schuld… Sie und ich…“
Auch Hans Bösch fragte sich und die anderen: „Haben wir die Werte im Kleinen weitergegeben und mit dem Glauben an Jesus Christus in Verbindung gebracht, die wir im Großen mit unserer demokratischen Werteordnung verknüpfen? Haben wir die immateriellen Güter mit Schwung und Eloquenz ebenso gemanagt wie die materiellen? Überrascht uns die Entdemokratisierung und Radikalisierung der Gesellschaft wirklich ehrlichen Herzens?“ Oder sei der Grund im Aufgaben jener Werte zu suchen, die unsere demokratische Grundordnung einmal geprägt haben?
„Verstehendem Glauben“ setzte der Eingangsreferent „glaubendes Verstehen“ als persönliches Ideal entgegen, bei dem der Glaube dabei behilflich sein soll, die Welt verstehbar und lebenswert zu gestalten. Aber es gab auch Stimmen aus dem Auditorium, denen die intellektuelle Beschäftigung mit dem Glauben den Weg zu Gott erschloss.
„Mehr als eine Körperschaft“
Andere Zuhörer berichteten von persönlichen Krisen, Gebetserhörungen und Vorbildern im Glauben. Nicht zuletzt die Gemeinschaftserfahrung mit anderen erschließe manchem die Gegenwart Christi, so eine Zuhörerin und Diskussionsteilnehmerin.
Hans Bösch benannte Zuvorkommenheit, Gerechtigkeit, Gnade, Vergebung, Versöhnungsbereitschaft, Glaube, Liebe und Hoffnung, ja auch Hoffnung auf alle Zeit überdauerendes Leben als existentielle immaterielle Güter, die wir im betriebswirtschaftlichen Sinne „verkaufen“ (= weitergeben) müssten.
„Identifizieren wir uns mit Christus und der Schar seiner Nachfolger, egal welcher Konfession?“, fragte der Moderator: „So sehr, dass wir unsere Zugehörigkeit zu seiner Kirche schon deshalb nicht in Frage stellen, weil sie uns viel, viel mehr bedeutet, als die Mitgliedschaft in einer Körperschaft öffentlichen Rechts?“
„Gottgefälliges Handeln ist besser als gottgefälliges Reden“, konstatierte Hans Bösch und schloss: „Gott zwingt uns nicht zu ihm zu kommen, aber er gibt uns die Chance dazu.“ Im Glauben an ihn und liebevollem Handeln am Nächsten liege auch heute das Potential, das Ruder herumzureißen und „in einer Welt in Aufruhr Sinn zu finden“.
pp/Agentur ProfiPress